Pferdekaufrecht


Vor der sog. Schuldrechtsreform im Jahr 2002 richtete sich die Gewährleistung beim Pferdekauf nach den Vorschriften des BGB i.V.m der Kaiserlichen Viehordnung von 1899. Der Verkäufer haftete danach nur für einen Katalog ganz bestimmter Erkrankungen und das auch nur, wenn sich die Erkrankung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zeigte. Dieses hat sich mit der Schuldrechtsreform im Jahr 2002 grundlegend geändert. Die Gewährleistung beim Pferdekauf richtet sich nun nur nach den Vorschriften, die für den Kauf von allen beweglichen Sachen Anwendung finden, auch wenn § 90a BGB klarstellt, dass Tiere keine Sachen sind. Sie werden beim Kauf letztlich aber doch wie solche behandelt.

Dieses kann beim Pferdekauf zu einer Vielzahl von Problemen führen, da das Pferd, wie jedes andere Lebewesen, einer ständigen und u.U. recht spontanen Änderung seiner körperlichen und psychischen Verfassung unterworfen ist.

Grundzüge der Gewährleistung beim Pferdekauf:


Ausgangspunkt eines jeden Kaufvertrages ist § 433 BGB. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Im Gegenzug dazu ist der Käufer verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.


Aber wann liegt bei einem Pferd ein Sachmangel vor?


Ein Sachmangel liegt immer dann vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit des Pferdes von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Eine vereinbarte Beschaffenheit kann ein vereinbarter Zustand (z.B. "gesund", "brav", "M-fertig") oder auch ein vereinbarter Gebrauchszweck des Pferdes (z.B. Dressurpferd, Springpferd, Voltigierpferd, Zuchtstute) sein.

Häufig sind solche Vereinbarungen aber nicht getroffen worden oder aber sie lassen sich nicht beweisen, weil sie nicht schriftlich festgehalten wurden.

Dann richtet sich die vom Verkäufer geschuldete Beschaffenheit des Pferdes nach der sog. gewöhnlichen Verwendung. Dabei wird darauf abgestellt, was der Käufer bei "Sachen" gleicher Art und Güte erwarten durfte. Bei uns ist das in der Regel die Eignung und Einsetzbarkeit als Reitpferd.

 Das Pferd muss also zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs, d.h. bei der Übergabe (§ 446 BGB) an den Erwerber, mangelfrei gewesen sein.

Wenn sich dann Wochen oder gar Monate nach dem Kauf des Pferdes eine Problematik zeigt, stellt sich immer wieder die schwierige und alles entscheidende Frage: Bestand der Mangel bereits bei der Übergabe des Pferdes an den Käufer?

An dieser Stelle wird entscheident wer den Kaufvertrag miteinander geschlossen hat und vor allem, was hinsichtlich der Verjährungsfristen vereinbart wurde.

1. Verkäufer und Käufer sind Verbraucher:

 

Auch wenn Verkäufer und Käufer beide Verbraucher (Privatkauf) sind, gilt für die Verjährung der Mängelansprüche grundsätzlich erst einmal die normale gesetzliche Verjährungsfrist von 2 Jahren!

Privatverkäufer können die Verjährungsfrist allerdings bis hin zum Haftungsausschluss verkürzen. Sie müssen dieses aber aktiv tun. Dieses geschieht in der Regel durch Formulierungen wie: "Verkauft unter Ausschluss jeder Gewährleistung." Beachten Sie aber, dass ein Gewährleistungsausschluss niemals für arglistig verschwiegene Mängel oder eine garantierte Beschaffenheit geltend kann. 

Vorsicht geboten ist bei vorformulierten Verträgen, sog. ABG´s, wie sie im Internet in großer Vielzahl zu finden sind. Nach Rechtsprechung des BGH ist ein Haftungsausschluss durch AGB´s nicht möglich, wenn damit auch die Haftung für Körper- und Gesundheitsschäden eingeschränkt wird.Nach dem Urteil des BGH (v. 15.11.06, Az. VIII ZR 3/06) ist ein uneingeschränkter Haftungs- und Gewährleistungsausschluss insgesamt gem. § 309 Nr.7 a,b BGB unwirksam. Der uneingeschränkte Haftungsausschluss beinhaltet nämlich auch einen Ausschluss der Haftung für Körper- und Gesundheitsschäden und für grobes Verschulden. Ein Umstand den die Vertragsparteien meistens bei der Vereinbarung des Gewährleistungsausschlusses gar nicht im Auge hatten. Vielfach wird es ihnen vor allem um die Begrenzung der Sachmängelhaftung gegangen sein.

Der Haftungsausschluss für Körper- und Gesundheitsschäden und grobes Verschulden ist in AGB´s aber nicht möglich. Dies hat zur Folge, dass die gesamte Klausel nichtig ist, was wiederum bedeutet, dass auch kein wirksamer Ausschluss der Sachmängelhaftung besteht. Die Klausel wird also so behandelt, als wäre sie gar nicht vorhanden. Damit gilt die gesetzliche Verjährungsfrist, die auch für Ansprüche des Käufers wegen Mängeln einer gebrauchten Sache, 2 Jahre beträgt.

Ein Ausweg besteht darin, die Haftung für Körper- und Gesundheitsschäden und grobes Verschulden ausdrücklich vom Haftungsausschluss auszunehmen oder den Haftungsausschluss ganz individuell und außerhalb des Formularvertrages mit dem jeweiligen Käufer auszuhandeln. Allerdings wird an das "Aushandeln" schon eine gewisse Anforderung gestellt. Das bloße Anheften eines weiteren, womöglich öfters verwendeten Vordrucks wird nicht ausreichen.

Es handelt sich übrigens schon dann um Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn der Vertragstext für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurde. Eine tatsächliche mehrfache Verwendung ist nicht erforderlich!

 



2. Verkäufer ist Unternehmer, Käufer ist Verbraucher

 

Wenn der Verkäufer Unternehmer ist und der Käufer Verbraucher spricht man vom sog. Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB). An diesen werden von Gesetzes wegen höhere Anforderungen.Der Gesetzgeber unterstellt dem Unternehmer einen höheren Sachverstand und damit eine bessere Einschätzungsmöglichkeit der zu verkaufenden Sache.

Wer ist Unternehmer im Pferdehandel?

Zunächst einmal: Die Unternehmereigenschaft ist nicht statisch, sondern muss am Einzelfall betrachtet werden. Sie haftet auch einem Selbstständigen nicht automatisch und nicht für immer an. Jede Person kann außerhalb ihrer selbstständigen Tätigkeit auch Verbraucher sein. Anders herum muss daher auch ein Arbeitnehmer nicht generell ein Verbraucher sein. Wer neben seinem eigentlichen Beruf als Hobby eine geschäftliche Tätigkeit entfaltet, kann unter Umständen als Unternehmer angesehen werden. Der Unternehmerbegriff des § 474 BGB hat also nichts mit dem steuer- oder gewerberechtlichen Unternehmerbegriff zu tun, sondern ist ein eigenständiger.

Wer also nebenberuflich oder als Hobby eine größere Pferdezucht betreibt und dabei regelmäßig Pferde verkauft, kann trotzdem ein Unternehmer im zivilrechtlichen Sinne sein.

Der BGH hat in einer Entscheidung vom 29.03.2006 [VIII ZR 173/05 hier ] klargestellt, dass es für das Vorliegen eines Gewerbes und damit der Unternehmerstellung des Verkäufers nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers ankommt. Auch wer die Pferdezucht als Hobby betreibt und mit den Deck- und Verkaufserlösen nur die Ausgaben deckt, sei als Unternehmer anzusehen.
Damit wird aber wohl noch nicht jeder Hobbyzüchter mit 2-3 Stuten als Unternehmer angesehen werden dürfen. Im vom BGH entschiedenen Fall handelte es sich schon um einen größeren Zuchtbetrieb, der auch nach außen mit einer gewissen Geschäftstätigkeit auftrat. So schaltete die Verkäuferin unter der Bezeichnung "Araberhof R." Anzeigenwerbung in Fachzeitschriften und bot Deckhengste und deren Nachzucht an.
Der (bäuerliche) Kleinzüchter dürfte hingegen auch weiterhin als Verbraucher anzusehen sein.

Allerdings gilt auch hier wieder: Entscheidend sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls ! Lassen Sie sich im Zweifel beraten.

Verjährungsfrist


Grundsätzlich gilt für den verkaufenden Unternehmer die gesetzliche Verjährungsfrist von 2 Jahren. Für gebrauchte Sachen kann der Unternehmer die Frist vertraglich aber auf 1 Jahr reduzieren. Dieses muss aber wiederum ausdrücklich geschehen. Wer versucht die Frist vertraglich noch weiter zu verkürzen, läuft Gefahr, dass er quasi zur Strafe auch für gebrauchte Sachen die vollen 2 Jahre haftet. Die Vereinbarung würde als Umgehung der unabdingbaren gesetzlichen Regelung angesehen werden, mit der Folge, dass der gesetzliche "Normalfall" gilt, also die 2-jährige Gewährleistungsfrist.

Wann ist ein Pferd als "gebraucht" anzusehen?

Eingerittene Reitpferde, also ab einem Alter von 3 Jahren werden generell als gebraucht anzusehen sein. Anders hat der BGH schon für ein 6 Monate altes Hengstfohlen entschieden. [Urteil vom 15.11.2006, Az.VIII ZR 3/06 hier] Tiere sind im Kaufrecht demnach nicht generell als gebraucht anzusehen. Ein zum Zeitpunkt des Verkaufs noch junges Pferd (hier: 6 Monate), das darüber hinaus noch nicht abgesetzt war und auch noch nicht zu Reitzwecken oder zur Zucht benutzt worden ist, ist nicht gebraucht.

Beweislastumkehr


Den Unternehmerverkäufer trifft darüber hinaus aber vor allem die sog. Beweislastumkehr des § 476 BGB, die zentrale Vorschrift des Verbrauchsgüterkaufs.

Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der aus einer Vorschrift Ansprüche herleiten will, die dafür bestehenden Voraussetzungen beweisen muss. Der Käufer müsste beweisen, dass die Sache schon zum Zeitpunkt der Übergabe an ihn, einen Mangel hatte. Dieser Grundsatz wird, wie der Name schon sagt, durch die Beweislastumkehr umgedreht.

Beim Verbrauchsgüterkauf gilt also die Vermutung, dass ein Mangel, der innerhalb der ersten 6 Monate nach Gefahrenübergang (= Übergabe) auftritt, bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes vorhanden war!

Diese Vermutung gilt nur dann nicht, wenn die Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Viele Stimme forderten daher, dass  diese Vermutung beim Tierkaufe generell nicht gelten sollte. Dem hat der BGH aber in seinem Urteil vom 29.03.2006 [Az. VIII ZR 173/05 hier] eine Absage erteilt. Der BGH hält die Vermutung des § 476 BGB auch für den Tierkauf grundsätzlich anwendbar.

Differenzierter betrachtet der BGH die Frage nach der Unvereinbarkeit der Vermutung mit der Art des Mangels. Er stellt zunächst klar, dass beim Tierkauf Besonderheiten zu berücksichtigen sind, die sich aus der Natur des Tieres als Lebewesen ergeben. Dies folge schon daraus, dass Tier keine Sachen sind und die für Sachen geltenden Vorschriften nur entsprechend Anwendung fänden. Tiere unterliegen einer ständigen Entwicklung und Veränderung ihrer körperlichen und psychischen Verfassung, die nicht nur von seinen Anlagen her, sondern auch von seiner Haltung her beeinflusst wird. In der Gesetzesbegründung werde z.B. rausgestellt, dass die Vermutung des § 476 BGB mit der Art des Mangels bei Infektionskrankheiten häufig unvereinbar sein könne, was aber für andere Tierkrankheiten wiederum nicht gelten müsse. Daher stellt der BGH auf die bestimmte Tierkrankheit im Einzelfall ab.

Es muss also anhand der jeweiligen Tierkrankheit differenziert betrachtet werden, ob die Vermutung mit der Art des Mangels (=Krankheit) zu vereinbaren ist.

Für den, der Entscheidung zugrunde liegenden, Fall eines Sommerekzems hat der BGH entschieden, dass das Sommerekzem die Vermutung des § 476 BGB nicht grundsätzlich ausschließt, d.h. die Beweislastumkehr bleibt bestehen.

Die Vermutung der Beweislastumkehr ist für den Verkäufer aber auch nicht endgültig, sondern er kann versuchen die Vermutung zu widerlegen! Der Verkäufer muss das Gegenteil aber beweisen. Ledigliche Zweifel  reichen nicht aus. Gefordert ist der Beweis, dass das Pferd zum Zeitpunkt der Übergabe den fraglichen Mangel nicht hatte.

Dieser Beweis kann am besten durch eine tierärztliche Verkaufsuntersuchung und ein dokumentiertes Übergabeprotokoll geführt werden!


An dieser Stelle zeigt sich dann auch wie wichtig eine sog. Verkaufsuntersuchung für den Verkäufer sein kann.


Bitte beachten Sie, dass diese Ausführungen keine Rechtberatung im Einzelfall ersetzten! Nur kleine Abweichungen in Ihrem konkreten Fall können zu einer gänzlich anderen rechtlichen Beurteilung führen. Daher sprechen Sie mich gerne jederzeit an.